In diesem speziellen Test-Paket wurden fünf Onlinekataloge (OPACs) Wissenschaftlicher Bibliotheken auf Barrierefreiheit geprüft; vier der fünf Kataloge nutzen das gleiche Bibliothekssystem. Unter Verwendung aktueller Prüf-Tools waren die Tests auf bekannte Barrieren ausgerichtet, die insbesondere bei der Strukturierung der Webseiten, bei der Auszeichnung von Bildern oder bei Formularfeldern auftreten. Als Testkriterien wurden Prüfschriftte der BITV2.0 genutzt.
Die Tests erfolgten durch Studierende der Fakultät Informatik der TU Dresden, die im Rahmen des Faches „Barrierefreie Dokumente“ im Wintersemester 2011/2012 die Prüfung der OPCAs vornahmen.
Probleme für blinde Benutzer entstehen, weil
- keine oder nicht-aussagekräftige Alternativbeschreibungen für Grafiken und Objekte bereitgestellt werden (BITV2.0-Prüfschritt 1.1.1.b).
- die Website nicht logisch und korrekt durch Überschriften gegliedert ist (Prüfschritt 1.3.1.a). – Beispielsweise wird eine Webseite mit einer h3-Überschrift begonnen, danach erst folgt die h1-Überschrift; korrekt ist zuerst h1 und dann h2, h3 usw. Ein weiteres Beispiel für Barrieren ist die mehrfache Verwendung des Überschriftentags h1.
- nicht-aussagekräftige Linktexte verwendet werden. Ein Beispiel für eine häufige Barriere ist der Linktext „mehr“, der anders als „Weiterlesen“ oder „Mehr Information“ meist keine zielführende Aussage vermittelt.
- Tabellen für die Gestaltung verwendet werden, Styles sollten mittels CSS umgesetzt werden.
- Formulare nicht korrekt umgesetzt werden (Prüfschritt 3.3.2.a). Zum Beispiel werden Labeltags gar nicht gesetzt oder diese werden mittels der CSS-Eigenschaft
display: none ausgeblendet.
- die Tabreihenfolge nicht korrekt ist (Prüfschritt 2.4.3.a).
Barrieren für sehbehinderte Benutzer bestehen, weil
- das Kontrastverhältnis von Text und Schriftgrafik zu gering ist; an einigen Stellen beträgt es nur 1,6:1 – gefordert ist ein Verhältnis 7:1 (Prüfschritt 1.4.3.a).
- die Auszeichnung der Styles mittels Tags wie
i
für Kursiv undb
für Fettdruck umgesetzt wird. Nach BITV sind Hervorhebungen in Texten jedoch mitstrong
oderem
auszuzeichnen (Prüfschritt 1.3.1.d). - Probleme bei der 200%-Vergrößerung auftreten (Prüfschritt 1.4.4.b).
- die logische Reihenfolge für den Fokus nicht eingehalten wird (Prüfschritt 2.4.7.a).
Fazit
Die Evaluationsergebnisse der OPACs zeigen, dass Barrieren für sehbehinderte und blinde Nutzer existieren.
Barrieren werden beispielsweise durch schlechte Kontrastverhältnisse oder durch eine fehlende logische Struktur der Webseite verursacht, siehe auch die Ergebnisse der BITV2.0-Schnelltests. Die identifizierten Barrieren erschweren die Navigation und die Wahrnehmung des Inhaltes. Des Weiteren sind die Webseiten häufig nicht valide.
Während der Evaluation fiel weiterhin auf, dass WAI-ARIA (Accessible Rich Internet Applications) nicht genutzt wird. ARIA bietet eine Vielzahl von Attributen, die die Barrierefreiheit für blinde und sehbehinderte Benutzer erhöhen. Nachfolgend sind einige Beispiele genannt:
- Landmarks verbessern die Navigation innerhalb der HTML-Seite.
- Mittels Live-Regions werden dynamische Inhalt wie Live-Ticker und Warnhinweise wahrnehmbar.
- Zusätzliche Attribute beschreiben Formularfelder genauer, zum Beispiel Pflichtangaben.
Viele der Barrieren lassen sich mit automatischen Prüftools identifizieren. Daher ist zu empfehlen, die Webseiten bereits während der Entwicklung mit diesen Tools zu überprüfen. Auf diese Weise können Barrieren zeitnah bzw. vor Freigabe der Webseiten von den Entwicklern behoben werden.